Stellenbosch

Stellenbosch gehört schon zum Großraum und Ballungsgebiet Kapstadt; es ist eine elegante Vorstadt. Viele breite Straßen, Wohngebiete und Gewerbegebiete breiten sich zwischen den Weinfeldern aus. Ich fand das bei der Anfahrt doch sehr ernüchternd, das "berühmte" Weinbaugebiet von Stellenbosch als Teil einer Großstadt zu erleben. Nun, das stimmt nur halb, denn hinter Stellenbosch geht es erst richtig los mit dem Pearl Valley, Hauptort Paarl. Dort liegt etwa die Großkellerei Nederburg, und im Nebental etwas abseits der Weinort Franschhoek. Letzterer hat mir ganz besonders gut gefallen, dazu gleich mehr.

Gestern bin ich von Hermanus die wirklich malerische Küstenstraße 44 zur False Bay hin gefahren. Teilweise hat es da noch gegossen, aber bei den Pinguinen von Stony Point war es wenigstens trocken. Sie hocken da recht armselig auf den Felsen und warten ab: die Mauser, Federwechsel! Man sieht es auf einigen Fotos, wie zerzaust manche Tiere aussehen. Sie können in dieser Zeit, 3 Wochen, nicht schwimmen und auch nicht auf Nahrungssuche gehen. Klar, dass man dann recht trübselig aussieht! Hier haben sich die Kap- Pinguine vor einigen Jahrzehnten übrigens zuerst angesiedelt, ehe dann ein Teil auch das Kap selber besiedelt hat und dort von Touristen belagert wird. Darum brauche ich mich ja nun dort nicht mehr zu kümmern. Pinguine sind einfach immer wieder nett zu beobachten, ich mag sie!



Dann führt die Straße um eine Felsnase herum - und dann lag sie vor einem, die False Bay! Zum Glück riß da der Himmel etwas auf, so dass tatsächlich blaues Meer zu sehen war. Die Kap- Felsen bleiben aber in Wolken gehüllt. Die False Bay wird nämlich auf der gegenüberliegenden Seite von der Halbinsel mit dem Kap der Guten Hoffnung begrenzt. Auch den Tafelberg hätte ich schon sehen können, wenn es die Wolken zugelassen hätten. Aber dazu habe ich in den nächsten Tagen noch mehr Chancen.



Stellenbosch ist ein wirklich schöner Ort im Kolonialstil (erinnert mich an Neuengland), sehr gepflegt, offenbar auch bei den Einheimischen sehr beliebt, zumindest fielen hier die Touristen nicht allzu sehr auf. Ich bin ja am Wochenende hier, da ist viel los auf den durch hohe Bäume begrünten Straßen der kleinen Altstadt. Da reiht sich durchaus Hotel an Hotel, sehr vornehme. Mein schönes Guesthaus liegt in einem ruhigen Wohngebiet, aber fußläufig zur Town. Am Abend fürs Dinner sollte man einen Tisch reservieren, das habe ich dann auch getan, und mir dafür jeweils einen schönen ausgesucht - und bekomme dann nicht als Einzelner den Katzentisch, der übrigbleibt. Speisen und natürlich Weintrinken tut man hier sehr gut, aber auch vergleichsweise teuer - klar, ist nicht anders zu erwarten. Ich achte jetzt darauf (Tipp eines Südafrikaners), Wein nicht direkt aus der Nähe von Stellenbosch zu trinken wegen der "pollution". Ist bestimmt was dran, denn die Umweltbedingungen sind hierzulande noch so, wie bei uns vor 40 Jahren. Die Autos stinken mächtig, es gibt aber wenigstens inzwischen bleifreies Benzin - steht überall extra dran. Wer es hier mit dem Seafood genau nimmt (wie einer meiner Berater), bestellt auch keinen Fisch vom Kap, sei alles verdreckt. Nun, ich denke, der meiste Fisch hier kommt eh von den Trawlern aus dem Antarktischen Ozean. Bei Austern dürfte es aber stimmen. Die von mir zunächst geschätzten Austern aus Knysna fanden überhaupt keine Gnade vor den Umwelt-kritischen Augen meines Gewährsmannes, denn die Lagune dort sei ja so etwas von verdreckt.... Kapstadt sowieso - sagt das 'Landei' (oder besser Küstenei?) aus der Provinz. Der hat gut reden und findet die Austern bei sich vor der Haustür in der Bucht (Arniston) !



Zu den Vineries: Es gibt unzählige hier in der Gegend, die meisten sehr klein, man kann das gut an den Weinfeldern erkennen, die bis zum wiederum kleinen Nachbarn reichen. Natürlich gibt es auch große, und die machen dann viel her mit großen modernen oder klassischen Gebäuden, Besichtigungen, Verkostung, Restauration, Spiel und Freizeitparks usw. Das ist hier eine echte Wein-Freizeit-Industrie, ganz anders als im ländlichen Robertson am Rande der Kleinen Karoo. Doch gerade dort gibt es Südafrikas größte Weinkellerei, habe ich mir sagen lassen. Egal, ich suche mir kleine Kellereien aus, wenn ich abends Wein bestelle, und lasse ihn mir munden. Süffig sind die hiesigen Rotweine durchaus, es werden alle Geschmacksrichtungen bedient. Maßstab sind dabei immer die französischen Sorten. Allerdings weist man hier im Weinrestaurant auf die jüngste Prämierung eines Erfolgsweines aus dieser Gegend hin - durch eine britische (!) Weinzeitschrift. Nun ja...  Qualitativ hochwertigen Wein zu produzieren fällt offenbar immer noch schwer, und Masse allein macht es längst nicht mehr. Das merken sie jetzt wohl auch selber.



Heute bin ich bei einer 4-Pässe-Fahrt auf den Village Market von Franschhoek geraten, das war wirklich eine sehr nette und anregende Erfahrung, bin dort einige Stunden geblieben und habe auch etwas eingekauft. Franschhoek ist wirklich ein sehr nettes und auch gastronomisch ausgezeichnetes Dorf. Ich habe zugleich die dortige Automobilausstellung der Oldtimer angeschaut (tolle alte Modelle dabei!) und mit einem der Eigner geplauscht. Es war ein Deutschstämmiger meines Alters, in dessen Familie Deutsch noch gepflegt wird und der deswegen fließend deutsch sprach. Er war ganz begeistert, sich mit mir zu unterhalten, und ich musste, um seine Begleiter in das Gespräch einzubeziehen, immer auch englisch antworten. An sich inzwischen überhaupt kein Problem ("übersetzen" muss ich in meinem Kopf nicht mehr), dumm nur, dass seine Kollegen teilweise nur Afrikaans sprachen, und da konnte ich nicht mithalten :)



In der Kirche bekam ich durch einen Gemeindeältesten der Gereformeerden Kerk eine Spezialführung, auch er war Deutschstämmiger. Als er hörte, dass ich lutherischer Pastor gewesen war, musste ich gleich auf die zentrale Kanzel der Reformierten und mich dort ablichten lassen - siehe Foto! War nett. - Das Wetter wurde hinter dem ersten Pass leider gleich wieder schlecht, ich habe die Tour dennoch abgefahren und auch schöne Ausblicke fotografiert (diesmal im Profi-Modus des Smartphones), ehe ich wieder nach Stellenbosch zurückgefahren bin. Jetzt warte ich den Regenschauer ab, dann geht es ins Städtchen, den Abend einläuten mit einem netten Glas Weißwein: Wat mutt dat mutt!

Bilder von gestern und heute im Webalbum, ihr werdet es schon gemerkt haben.

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